Der Selbstmörder
In Zeiten synchron geteilter Hoffnungsarmut und narzisstischen Übermuts kann auch der Tod nicht lange Privatsache bleiben. Hier heißt es, strategisch sterben, stilecht und bedeutungsvoll, auf der ganz großen Bühne. Was könnte der eigenen Agenda mehr Gewicht verleihen als eine ideologische Leiche, ein Freitod von leuchtender Symbolkraft?! Nur ein williger Kandidat muss her: Semjon, arbeitslos und desillusioniert, fühlt sich ohnehin fehl am Platz in dieser Gemeinschaft, die ihn ausgespuckt hat wie einen faulen Apfel. Einmal auf Spur gebracht, lässt er sich schnell von einer Suizidmission im Namen irgendeiner guten Sache überzeugen. Dass seine Frau Mascha für seinen beruflichen Neuanfang kein Verständnis hat, kümmert Semjon wenig. Denn für die Menge ist er jetzt ein Star, sein Marktwert steigt rapide, die ganze Welt liegt ihm zu Füßen! Wer sich den Toten später dann auf seine Fahnen schreiben darf, muss unter den zahlreichen Anwärtern allerdings noch ausdiskutiert werden. Zwar kommen dem Auserwählten langsam Bedenken, doch seine Zeit ist abgelaufen. Im Schattenreich der Unsterblichen, die die Kunst des Beendens perfektioniert haben, taumelt Semjon zwischen Sein und Nichtsein, Todessehnsucht und Lebenswillen durch die spektakuläre Inszenierung seines Begräbnisses.
Besetzung
"So einen jugendlich rasenden Applaus hat man schon lange nicht mehr bei einer Premiere gehört." (Abendzeitung)
"Die Anziehungskraft liegt auch in der Konsequenz, mit der Erdman, Bossard, sieben enthusiastische Ensemblemitglieder und zwei Musikerinnen den Wahn wie Wahnsinn eines ideologisierten, kommerzialisierten und völlig unfreien Freitodes immer wieder menschlich und satirisch brechen." (Münchner Merkur)