Auf die Wahrnehmung des komplexen Soundscapes der Inszenierung trifft ein nicht minder komplexes visuelles Bühnenspektakel, das sich vor allem auch durch die Kostüme von Mascha Mihoa Bischoff auszeichnet. Wieder – wie auch bei der Auswahl der Tanzstile – gilt das Prinzip der Collage und der phantasievollen Hybridisierung: Hier wird sich nicht wie eine bestimmte Figur verkleidet, sondern ein Potpourri aus unterschiedlichsten Schnitten, Farben, Tiermustern, Kopfbedeckungen und Stoffen präsentiert, wodurch eine rassifizierende Karnevals-Verkleidungspraxis kritisiert werden kann, ohne sie ihrerseits reproduzieren zu müssen.
Formal erinnert die Idee einer neuen Bebilderung eines vertrauten Stoffs an das Visual Album "Black is King" von Beyoncé Knowles. Darin hat sie 2020 gemeinsam mit anderen Schwarzen Künstler*innen und Familienmitgliedern Disneys "The Lion King" im Sinne Schwarzen Empowerments gleichsam audio-visuell neu erzählt, indem sie die Perspektive grundlegend verschiebt.
Und dies tut Joana Tischkau – wenn auch mit einer anderen inhaltlichen Stoßrichtung – mit ihrem Team in gewisser Weise auch: Der entstandene Szenenbild(er)reigen ist mal gruselig und lähmend angesichts der zombiehaften Gebärden der mit Latex-Gesichtsmasken versehenen Gestalten, mal reißen die Tanzszenen und der treibende Beat mit, mal werden nostalgische Gefühle geweckt, und mal meint man auch eine utopische Zukunftsvision einer derart hybridisierten Kultur vor Augen zu haben, die Zuordnungsfragen ad absurdum führt und in der nicht rassifizierende, nicht-binäre, queere Verkörperungen selbstverständlich sind.