Das Gefühl der Unsicherheit spürbar machen

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Kostüm- und Bühnenbild und wie stellt man ein so großes Thema wie Identität auf der Bühne dar? Ein Gespräch mit Maja Beyer und Nadin Schumacher über ihre erste gemeinsame Produktion für "Persona".

Das Stück "Persona", das am 27. September am Münchner Volkstheater Premiere feiert, basiert auf dem Film des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergmann. Zu den Themen des Stücks gehören Identität und Authentizität. Wie habt ihr euch als Bühnen- und Kostümbildnerin diesem großen Stoff genähert?
Nadin Schumacher: Es hat mich als Bühnenbildnerin interessiert, den Begriff Identität auch über unsere alltäglichen Routinen zu erzählen und inwiefern diese Routinen unsere jeweilige Persönlichkeit prägen. Der Raum sollte diese Routinen ermöglichen und zunächst eine Sicherheit vermitteln, die im Stückverlauf aufgebrochen wird. Außerdem bietet es der Stoff an, über Themen der Doppelung bzw. Auffächerung nachzudenken. Auch diese Begriffe habe ich versucht, räumlich zu übersetzen.

Wie zeigt sich das in deinem Bühnenbild?
Nadin Schumacher: Ich habe einen veränderbaren Raum geschaffen, der anfangs sehr dicht und kompakt wirkt und sich im Laufe des Stücks immer weiter auflöst. Das betrifft zum einen die Anordnung der Elemente im Raum zueinander, aber auch die Auflösung der Räume selbst. Hier haben mich Verschiebungen im Alltäglichen und das Aufbrechen von Alltagslogiken interessiert.

Nadin Schumacher
In diesem Fall fanden wir es beide spannend, das Gefühl der Irritation und Unsicherheit, das dem Stoff zugrunde liegt, auch auf Bühne und Kostüm zu übertragen und zu schärfen.
Maja Beyer
Einblicke in Bühnenbildmodelle und -inspiration

Maja, wie machst du diese Identitätsverschiebungen mit deinen Kostümen sichtbar?
Maja Beyer: Es gibt zum einen die im Film erzählte Ähnlichkeit und Verschmelzung der beiden Protagonistinnen, sowie die Doppelbesetzung bzw. "Doubleebene" in unserer Inszenierung. Diese blitzen auf der Bühne als Verschiebungen immer wieder auf. Ich habe mich vor allem mit den Dopplungen beschäftigt, die Unterschiede zwischen Original und Kopie und habe mit den Gegensätzen von Natürlichkeit und Künstlichkeit gespielt. Zu viel möchte ich aber noch nicht verraten.

Wie sah der gemeinsame Arbeitsprozess aus?
Nadin Schumacher: Das ist schon ein Weg, den man bei jedem Stück gemeinsam geht. Nach einem ersten Gespräch über ein mögliches Raumkonzept haben wir beide die Arbeit in den Bereichen vertieft, die uns interessiert haben. In diesem Fall fanden wir es beide spannend, das Gefühl der Irritation und Unsicherheit, das dem Stoff zugrunde liegt, auch auf Bühne und Kostüm zu übertragen und zu schärfen und so ein stimmiges Gesamtkonzept zu erzeugen.

Maja Beyer: Es war ein glücklicher Zufall, dass wir beide mit unseren Vorstellungen bei den 1960er-Jahren gelandet sind, aus denen wir uns jeweils an Formen und Schnitten inspiriert haben. Auch durch ein gemeinsames Farbkonzept baute sich sofort eine eigene Welt auf.

Maja Beyer
Themen wie das Frauenbild und damit einhergehende Rollen in der Gesellschaft und inwieweit man diese erfüllen will, spielen eine tragende Rolle.
Maja Beyer
Erster Blick auf die Kostüme zu "Persona"

Seid ihr beide in der gleichen Epoche gelandet, weil der Film 1966 erschienen ist? 
Maja Beyer: Themen wie das Frauenbild und damit einhergehende Rollen in der Gesellschaft und inwieweit man diese erfüllen will, spielen eine tragende Rolle. Deshalb musste ich an Werbungen der 60er Jahre denken, in der zum Beispiel die "tüchtige Hausfrau" ihr neues Küchengerät präsentiert. Zudem hat die Kleidung oft etwas sehr Puppenhaftes, was sich zum einen für die Dopplung der Figuren eignet und auch im übertragenen Sinn für ein Gefangensein in einer Rolle stehen kann.

Nadin Schumacher: Wir haben uns von der Zeit inspirieren lassen, aber auch geschaut, dass wir eine spannende eigene Ästhetik finden.

Das klingt nach einem eingeschworenen Team.
Maja Beyer: Das ist unsere erste Zusammenarbeit, wir haben uns erst über diese Produktion kennengelernt. Im Gegensatz zu Nadin ist "Persona" aber auch meine erste Produktion mit der Regisseurin Sophie Glaser.

Ein erster Blick auf die Masken bei "Persona"

Könnt ihr bitte noch etwas über euren Werdegang erzählen?
Maja Beyer: Ich habe vergangenes Jahr meinen Bachelor Abschluss in Kostümbild in Hamburg gemacht. Währenddessen und danach habe ich an einigen freien Theater- und Filmprojekten mitgewirkt und am Schauspielhaus in Hamburg in 2024 bei einer Inszenierung das Kostümbild gemacht.

Nadin Schumacher: Seit 2022 arbeite ich als freie Bühnenbildnerin. Ich habe Szenografie in Wiesbaden studiert und war außerdem drei Jahre Bühnenbild-Assistentin am Thalia Theater in Hamburg. Sophie Glaser habe ich in einer gemeinsamen Produktion, in der wir beide assistiert haben, kennengelernt. 

"Persona" von Ingmar Bergman in der Regie von Sophie Glaser ist ab dem 27. September 2025 auf Bühne 2 des Münchner Volkstheaters zu erleben.