Eine Nahaufnahme der Figurinen

Tanz mit den Kostümen

Für die "Die Zofen", der Eröffnungspremiere der neuen Spielzeit, werden aufwendige Kostüme hergestellt. Ein Blick in die Produktion zeigt, was Kostümbildnerin Leonie Falke und ihr Team dabei alles beachten müssen.

Mitte Juli, kurz vor der großen Sommerpause, herrschte noch reger Betrieb in der Kostümabteilung des Münchner Volkstheaters. Die Spielzeit neigte sich zwar dem Ende zu, die letzte Premiere lag immerhin schon einen Monat zurück, doch nach der Spielzeit ist vor der Spielzeit. So auch für die rund Maßschneider*innen im Haus. Denn bevor sich alle in den Urlaub verabschiedeten, mussten noch wichtige Arbeiten für die Eröffnungspremiere von "Die Zofen" am 29. September abgeschlossen werden.

Letzte Woche hatten wir eine Choreografin bei den Proben da, da es spezielle Tanzelemente geben wird. Und dabei haben wir schnell gemerkt, was geht und was nicht.

Dazu gehörte vor allem die erste Anprobe der Kostüme. Das heißt die drei Schauspieler zogen zum ersten Mal die Kostüme an, die nach den Entwürfen von Kostümbildnerin Leonie Falke angefertigt werden. Das ist insofern wichtig, als dass erstmals überprüft werden konnte, inwiefern das Konzept für die Kostüme so funktioniert wie gedacht. Denn das Besondere an der Inszenierung ist, dass die drei Zofen von Männern gespielt werden. Dabei ergeben sich schnell Herausforderungen, die erst bei der Anprobe sichtbar werden. "Die Kleider müssen einfach ein paar Sachen können, die man vielleicht nicht von Anfang an weiß. Das kristallisiert sich mit der Zeit heraus", erklärt Anette Schöwel, die stellvertretende Leiterin der Kostümabteilung. Leonie Falke ergänzt im Gespräch, dass sehr schnell "die ersten Herausforderungen aufgetreten sind. Letzte Woche hatten wir eine Choreografin bei den Proben da, da es spezielle Tanzelemente geben wird. Und dabei haben wir schnell gemerkt, was geht und was nicht." Ein Problem war, dass die bodenlangen Kleider sehr eng geschnitten sind und die Schauspieler dadurch im Tanz beeinträchtigen. Oder, dass die Schauspieler ursprünglich unter ihren Kleidern Korsagen in der Form einer Sanduhr tragen sollten. Doch das lässt die Physiognomie von Männern nicht so einfach zu. Mit einer engen Korsage wäre zudem das Atmen aus dem Bauch heraus nur bedingt möglich - eine Technik, die für ein lautes und deutliches Sprechen auf der Bühne essentiell ist. Anhand mehrerer Anproben konnte sich Falke an die Gegebenheiten herantasten und ihren Kleiderentwurf Stück für Stück an die Körper anpassen. Das sei ein ganz normaler Prozess bei der Arbeit an einem Theaterprojekt, wie sie betont.

"Die Zofen" wurde 1947 uraufgeführt und zählt auch 75 Jahre später zu den meist gespielten Dramen von Jean Genet. Die Kleider orientieren sich dabei stark an der Mode zur Zeit der Entstehung des Stücks. Die drei Schauspieler tragen im Laufe des Abends jeweils zwei sehr opulente Abendkleider, die mit vielen Details versehen sind. Doch auch hier stellt sich wieder die Frage, inwiefern dadurch das Spiel auf der Bühne beeinträchtigt wird. "Es ist ein ständiges Herantasten von allen Seiten, damit der Entwurf am Ende so umgesetzt werden kann, wie gedacht", so Leonie Falke. Das ist bei "Die Zofen" insofern wichtig, als dass hier die Kleider ein wichtiges inhaltliches Element darstellen. Lucia Bihler und Leonie Falke mussten dabei sehr genau überlegen, wer wann welches Kleid trägt und ob die Umzüge auf der Bühne oder mit Hilfe von Ankleider*innen Backstage stattfinden. In mehreren Storyboards gingen sie die verschiedenen Möglichkeiten durch und entschieden sich letztlich für die zweite Option. Wenn die Schauspieler aber hinter die Bühne kommen, müssen die Kleider schnell an- und ausgezogen werden können. Das greift dann in die Entwürfe ein, wenn zum Beispiel anstatt einer Knopfleiste Reißverschlüsse verwendet werden müssen.

Normalerweise kommen wir mit den Originalkostümen eher zu den Endproben dazu. Aber wenn die Kostüme so aufwendig sind, dass man bei Änderungen rechtzeitig reagieren muss, macht es Sinn, möglichst früh dabei zu sein.
Annette Schöwel
Figurinen in der Schneiderei

Um all diese Feinheiten im Vorfeld austesten zu können, proben Schauspieler*innen in der Regel mit Platzhaltern. Das heißt, es werden Kostüme aus dem Fundus genommen, die den späteren Kostümen, die sich noch in der Produktion befinden, ähneln. Durch den speziellen Aufwand für "Die Zofen" sieht das jedoch anders aus, wie Maßschneiderin Annette Schöwel erzählt: "Normalerweise kommen wir mit den Originalkostümen eher zu den Endproben dazu. Aber wenn die Kostüme so aufwendig sind, dass man bei Änderungen rechtzeitig reagieren muss, macht es Sinn, möglichst früh dabei zu sein. Insofern war es wichtig, dass wir mit den Kleidern schon so weit waren, dass man sie anziehen kann." Leonie Falk sieht es genauso: "Das war sehr hilfreich. Annette und ihr Team konnten so genau sehen, was wir machen und warum bestimmte Dinge noch geändert werden müssen."

Eine Arbeitsweise, die sich Leonie Falk auch in Zukunft vorstellen könnte: "Die Bühne und die Kostümabteilung sind oft stark separiert. Die Menschen in den Werkstätten bekommt man meistens nicht zu Gesicht. Es wäre ein sehr spannender Versuch, deren Arbeit stärker in die Proben zu integrieren." Mit ihrer Arbeit an "Die Zofen" wäre immerhin schon mal der Anfang gemacht.