"Wir sind die Schaltzentrale des Hauses"
Datum
Interview: Tobias Obermeier
Was macht das Künstlerische Betriebsbüro?
KATHARINA OSTERHAMMER: Im Künstlerischen Betriebsbüro, kurz KBB, laufen alle organisatorischen und dispositorischen Fäden zusammen. Wir sind sozusagen die Schaltzentrale des Hauses. Alle Informationen von den technischen Abteilungen, von der Maske, vom Kostüm, der Requisite und von den probenden Produktionen werden bei uns in großen Plänen gebündelt.
Welche Pläne gibt es?
Für die interne Kommunikation gibt es den Tages- und den Wochenplan. Und vor dem Wochenplan gibt es den großen Jahresplan, in dem die ganzen Produktionszeiten festgelegt sind und der in einen Produktionsplan übergeht. Darin werden Bauproben, Modellabgaben, Skizzenabgaben, Kostümabgaben und Maskenabgaben festgehalten. Zusätzlich gibt es den Monatsplan mit allen Spielterminen, der als Leporello an unser Publikum geht.

Das heißt, ihr seid auch sehr stark in Absprachen eingebunden?
Genau. Die Entscheidung der Machbarkeit von Inszenierungen liegt bei der technischen Leitung und der Produktionsleitung. Es geht darum, die Blöcke der Endproben zu entzerren. Das hat mit den Kapazitäten in den Werkstätten zu tun. Nachdem diese Detailabsprachen geklärt sind, kommen die Planungen zu uns, die wir an die Regieteams weitergeben. Ein zweiter Schritt betrifft die Schauspieler*innen. Wie viele Leute haben wir zur Verfügung. Wie groß ist unser Ensemble? Benötigen wir noch Gäste? Wenn die Besetzung feststeht, überprüfen wir alle anderen Besetzungen. Blockieren wir uns durch die Bespielung auf Bühne 1 zum Beispiel alle Repertoirestücke auf Bühne 2? Das ist eine Prüfung, die bei uns im Büro in Absprache mit der Dramaturgie passiert. Wir haben bereits jetzt alle Premierentermine für die nächste Spielzeit festgelegt.
Das läuft alles parallel zum Tagesgeschäft. Das ist mit viel Anspannung verbunden, oder?
Natürlich gibt es Druck, wenn bestimmte Positionen noch nicht besetzt sind oder man schon sieht, dass wir uns ein Chaos basteln und es hier und dort knirschen wird. Aber wir sind auch von äußeren Faktoren abhängig. Wenn ein Regieteam, das wir haben wollen, nur an bestimmten Terminen Zeit hat, dann müssen wir es möglich machen. Und wenn wir merken, dass es eng wird, brauchen wir frühere Abgaben, damit sich die Abteilungen besser vorbereiten und ihre Zeit effektiv nutzen können.
Wir haben immer genügend zu tun.
Was passiert, wenn ein Ensemblemitglied krankheitsbedingt ausfällt?
Dann laufen bei uns die Telefone heiß. Das heißt wirklich Stress für uns. Meistens passiert das sehr kurzfristig von heute auf morgen, oder manchmal auch am gleichen Tag. Letzteres ist ganz schwierig, weil wir mit unserer Personalstärke nicht die Möglichkeit haben, am gleichen Tag eine andere Inszenierung zu disponieren. Das schaffen wir vom Auf- und Umbau nicht. Wenn wir 1-2 Tage Vorlauf haben, kommt es meistens zu einer Umbesetzung. Es sei denn, es handelt sich um eine riesige Hauptrolle. Dann ist das künstlerisch nicht machbar und nicht der Abend, den wir zeigen wollen. Aber ich bin immer wieder erstaunt, wie gut unsere Umbesetzungen funktionieren und wie die Schauspieler*innen in kürzester Zeit ihre Texte lernen können. Manchmal fällt die Umbesetzung gar nicht auf.
Inwiefern hat sich eure Arbeit durch den Umzug ins neue Haus verändert?
Die Arbeit ist viel komplexer geworden. Seitdem sind wir auch zu dritt im KBB. Wir haben mehr Ensemblemitglieder. Das Haus ist anspruchsvoller durch die größeren technischen Möglichkeiten. Ich würde sagen die Bühne 2, die wir hier haben, ist technisch gesehen vergleichbar mit der großen Bühne im alten Haus. Das macht alles komplexer und intensiver in der Absprache.
Was ist bei den Repertoire-Stücken zu beachten?
Manchmal wird es schwierig, wenn in einem Stück zu viele Gastschauspieler*innen sind. Wir haben jetzt den Fall, dass uns Ensemblemitglieder verlassen und in andere feste Ensembles gehen. Das heißt, sie sind nicht freischaffend und geben ihre Priorität an ein anderes Haus ab. Gerade wenn sie dann in sehr vielen Stücken spielen, wird es schwierig für uns.
Das heißt, ihr müsst in die Absprache mit anderen Häuser gehen?
Genau. Das ist beim Monatsspielplan der Fall. Der liegt schwerpunktmäßig bei mir. Wir haben 24 Ensemblemitglieder und 40 Gästeschauspieler*innen. Die gilt es vor der Gestaltung eines Spielplanes wegen ihren Sperrterminen anzufragen. Wir geben Zeiträume vor, die wir planen wollen und schicken dann eine E-Mail raus. Wenn alle Sperrtermine da sind, können wir mit dem riesigen Puzzle des Monatsplans anfangen. Jeder Monat wird also neu geplant. Das ist ein großer Unterschied zu anderen Häusern. Die wissen jetzt schon ihre Vorstellungen für nächstes Jahr, weil sie ein Abosystem haben und wir nicht. Das macht uns in der Planung freier, wir können viel kurzfristiger reagieren.
Was passiert, wenn der Monatsplan fertig ist?
Bis der finale Entwurf für den Monatsplan steht, sind viele Absprachen erforderlich. Meistens entstehen mehrere Entwürfe, die mit Christian Stückl und der technischen Leitung besprochen und dann abgesegnet werden müssen. Manche Bühnenbilder sind so aufwendig, dass sie nicht hintereinander gespielt werden können. Das ist schon ein Prozess von 10 Tagen, bis der Spielplan durch ist. Dann ist er aber erstmal hausintern abgesegnet. Abschließend gehen alle Termine an die Gäste zur Bestätigung zurück. Das ist auch nochmal spannend, ob nicht doch noch ein Dreh reinkam und unser Kartenhaus zusammenfällt. Dann fangen wir wieder von vorne an.
Am 23. Mai ging mit "Frankenstein oder: Schmutzige Schöpfung" die letzte Premiere der Spielzeit über die Bühne. Wird es nun entspannter für euch?
Jetzt geht es in den vollen Repertoirebetrieb und am 23. Juni beginnen schon die Vorproben für die Eröffnungspremieren auf Bühne 1 und 2. Zudem muss der Spielplan für den Herbst gestaltet werden. Wir haben immer genügend zu tun.
Hier gibt es noch mehr Einblicke in die Abläufe hinter den Kulissen unseres Theaters: